Gewalt in Flüchtlingsheimen :
Unwissen ist Macht

Von Timo Frasch, Claus Peter Müller, Wiesbaden, Kassel
Lesezeit: 6 Min.
Flüchtlinge am Tor zur Aufnahmeeinrichtung im hessischen Calden, wo sich eine Massenschlägerei ereignet hatte
Es ist schwer, ein realistisches Bild von der Situation in den Flüchtlingsunterkünften zu bekommen. Gerüchte über Gewalt und Kriminalität verbreiten sich schnell. Mancher Vorwurf entpuppt sich als Latrinenparole.

Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, hat Anfang der Woche eine Debatte über die Zustände in Flüchtlingsunterkünften ausgelöst. In einem Interview behauptete er etwa, es gebe dort „auch knallharte kriminelle Strukturen“. Gruppen schlössen sich „nach Ethnien, nach Religion oder Clan-Strukturen zusammen und gehen mit Messern und selbstgebastelten Waffen aufeinander los“. Der hessische Vorsitzende der Gewerkschaft bestätigte diese Einschätzung im Wesentlichen. Er wisse zum Beispiel, sagte Heini Schmitt der F.A.Z., dass es belastbare Hinweise auf steigende Kriminalität im Umfeld der Erstaufnahmeeinrichtung in Gießen gebe. Darüber hinaus bestehe „der begründete Verdacht“, dass sich Leute aus der Unterkunft etwa zum gemeinschaftlichen Laden- oder Taschendiebstahl verabredet hätten. Auf die Frage, auf welcher Grundlage er solche Aussagen treffe, sagte Schmitt: Man habe nur ein „oberflächliches Bild“ von dem, was in den Unterkünften passiere. Er müsse sich daher auf die Polizisten verlassen, die an Ort und Stelle im Einsatz sind. Deren Einzelfallschilderungen und Erfahrungswerte könne seine Gewerkschaft „wesentlich ungefilterter weitergeben, als offizielle Stellen das tun“.

Ohne Abo weiterlesen
Dies ist kein Abo. Ihre Registrierung ist komplett kostenlos, ohne versteckte Kosten.
Oder 3 Monate für 1 € pro Monat Zugang zu allen FAZ+ Beiträgen erhalten und immer aktuell informiert bleiben.