Zum Inhalt springen

Reaktion auf Völkermord-Äußerung "Das türkische Volk wird Präsident Gauck nicht verzeihen"

Dieser Sturm war befürchtet worden, jetzt ist er da: Die Türkei hat Bundespräsident Joachim Gauck scharf attackiert. Er hatte die an den Armeniern begangenen Verbrechen als Völkermord bezeichnet - man werde ihm das "nicht vergessen und verzeihen".
Joachim Gauck im Berliner Dom: Scharfe Reaktion von der türkischen Regierung

Joachim Gauck im Berliner Dom: Scharfe Reaktion von der türkischen Regierung

Foto: Axel Schmidt/ Getty Images

Die Aussagen von Bundespräsident Joachim Gauck zum Völkermord an den Armeniern haben einen Streit mit der Türkei ausgelöst. "Das türkische Volk wird dem deutschen Präsidenten Gauck seine Aussagen nicht vergessen und nicht verzeihen", teilte das Außenministerium in Ankara am späten Freitagabend mit.

Gauck hatte am Donnerstag im Berliner Dom gleich an drei Stellen seiner Rede auf den Völkermord Bezug genommen. "Das Schicksal der Armenier steht beispielhaft für die Geschichte der Massenvernichtungen, der ethnischen Säuberungen, der Vertreibungen, ja der Völkermorde, von der das 20. Jahrhundert auf so schreckliche Weise gezeichnet ist", so Gauck.

Weiter sagte Gauck, im Osmanischen Reich habe sich "eine genozidale Dynamik" entwickelt, der das armenische Volk zum Opfer gefallen sei. Das Deutsche Reich, im Ersten Weltkrieg Verbündeter des Osmanischen Reiches, trage eine Mitschuld. Auch die Deutschen müssten sich insgesamt "noch der Aufarbeitung stellen, wenn es nämlich um eine Mitverantwortung, unter Umständen sogar Mitschuld, am Völkermord an den Armeniern geht".

Vorhersehbare Reaktion

Jetzt reagiert die türkische Regierung wie erwartet - mit aller Schärfe. In der Mitteilung des türkischen Außenministeriums hieß es weiter, Gauck habe keine Befugnis, der türkischen Nation eine Schuld anzulasten, die den rechtlichen und historischen Fakten widerspreche. Das Ministerium warnte vor "langfristigen negativen Auswirkungen" auf das deutsch-türkische Verhältnis.

Inhalt und Formulierungen von Gaucks Rede waren auch in Deutschland Gegenstand intensiver Debatten gewesen, ein diplomatischer Eklat war befürchtet worden. Das Staatsoberhaupt setzte sich mit seinen Äußerungen dann klar über Bedenken hinweg, dass die Einordnung des damaligen Geschehens als Völkermord die Beziehungen zur Türkei beschädigen könnte. Nach Gauck nannte auch Bundestagspräsident Norbert Lammert das Vorgehen der Türken vor 100 Jahren einen Völkermord.

In der Türkei werden die Verbrechen an den Armeniern offener diskutiert als noch vor wenigen Jahren. Den Begriff des Völkermords aber lehnen Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan und seine Führungsriege nach wie vor strikt ab. Die Namen der beiden Hauptakteure der damaligen Verbrechen - Talat und Cemal Pascha - werden bis heute in der Türkei verehrt.

In Istanbul gedachten am Freitag Tausende Menschen des Völkermordes an den Armeniern.

Völkermord an den Armeniern

dpa/pad