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Atomausstieg Energiekonzerne verzichten auf Schadensersatz

Deutschlands Energiekonzerne ziehen 20 Klagen gegen den Staat zurück. Im Gegenzug werden ihre Verpflichtungen beim Atomausstieg auf gut 23 Milliarden Euro begrenzt.
E.on-Atomkraftwerk Grohnde in Niedersachsen

E.on-Atomkraftwerk Grohnde in Niedersachsen

Foto: Julian Stratenschulte/ picture alliance / dpa

Deutschlands Energiekonzerne ziehen zahlreiche Klagen gegen die Bundesrepublik Deutschland zurück. Das geht aus einem Schreiben der Unternehmen E.on, RWE, EnBW, Vattenfall und der Stadtwerke München an die Bundestagsfraktionen von Union, SPD und Grünen hervor, das SPIEGEL ONLINE vorliegt.

Unter anderem verzichten die Unternehmen demnach auf Schadensersatz für das kurzfristige Herunterfahren von acht Atommeilern nach dem Reaktorunfall von Fukushima. Fallengelassen werden zudem:

  • Widersprüche gegen Vorausleistungen für das Atomendlager Konrad;
  • Widersprüche gegen Zahlungen für das Atommülllager Gorleben;
  • Verfassungsbeschwerden gegen Vorgaben zur Zwischenlagerung von strahlenden Abfällen.

Insgesamt werden 20 noch ausstehende Klagen fallengelassen. Den Streitwert hätten die Konzerne selbst in Verhandlungen mit der Regierung auf 600 bis 800 Millionen Euro beziffert, heißt es in Koalitionskreisen.

Im Gegenzug für ihren Verzicht erhalten die Unternehmen Rechtsicherheit beim Atomausstiegsgesetz. Die Regierung ist bei diesem der Empfehlung einer Expertenkommission gefolgt und entlässt die Konzerne mit einer Einmalzahlung von gut 23 Milliarden Euro dauerhaft aus der Verantwortung für die Zwischen - und Endlagerung des atomaren Mülls. Das Gesetz soll kommende Woche im Bundestag zum Abschluss gebracht werden.

Wichtige Klagen bleiben bestehen

Die Konzerne haben bei ihrem Deal mit der Regierung allerdings nicht auf alle Klagen verzichtet. Sie beharren unter anderem weiter auf ihre Schadensersatzansprüche für die Begrenzung der Laufzeit der noch verbleibenden Reaktoren. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Dienstag geurteilt, dass der Staat die Konzerne dafür entschädigen muss. Experten rechnen mit Zahlungen in Höhe von bis zu einer Milliarde Euro.

Ebenfalls bestehen bleiben Klagen gegen eine Steuer auf die Brennelemente von Atomkraftwerken sowie eine Klage des Energiekonzerns Vattenfall vor einem US-Schiedsgericht, bei der es um Schadensersatzforderungen von bis zu fünf Milliarden Euro geht.

Bundestagsabgeordnete, die an der Übereinkunft beteiligt waren, begrüßen die Einigung dennoch. "Das ist ein wichtiger Schritt, um nach Jahren rechtlicher und politischer Auseinandersetzungen zu einer dauerhaften und umfassenden Befriedung des Themas Atomenergie zu kommen", schreiben die stellvertretenden SPD-Fraktionsvorsitzenden Ute Vogt und Hubertus Heil in einer gemeinsamen Erklärung.

Der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer fordert die Regierung auf, die Konzerne dazu zu bewegen, nun auch ihre restlichen Klagen fallenzulassen. "Die Rücknahme aller Klagen ist entscheidend, um bei der Abwicklung der Atomkraft Rechtssicherheit zu bekommen", sagte er.

Das letzte Atomkraftwerk in Deutschland soll 2022 vom Netz. Aktuell sind noch acht in Betrieb.