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Freie Fahrt auf Busspuren Großstädte lehnen Privilegien für Elektroautos ab

Elektroautos sollen Busspuren nutzen dürfen: Mit dieser Idee will Verkehrsminister Dobrindt die E-Mobilität fördern. Doch die Großstädte in Deutschland wollen seinen Plan nicht umsetzen.
Busspur in Stuttgart: Freigabe für E-Autos und Hybride "kein Thema"

Busspur in Stuttgart: Freigabe für E-Autos und Hybride "kein Thema"

Foto: Franziska Kraufmann/ picture alliance / dpa

Berlin - Der Plan von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), mit Privilegien die Elektromobilität voranzutreiben, droht zu scheitern. Kommunen soll es künftig unter anderem erlaubt sein, Fahrern von E-Mobilen und Hybridfahrzeugen die Nutzung von Busspuren zu erlauben. Ein entsprechendes Gesetz soll bald das Kabinett passieren und zum 1. Februar 2015 in Kraft treten. Doch viele Großstädte lehnen die Freigabe der Spuren schon jetzt ab.

  • "Von der Möglichkeit, Busspuren für Elektroautos zu öffnen, wird Hamburg keinen Gebrauch machen", teilte etwa die Innenbehörde der Hansestadt mit.

  • Petra Rohland, Sprecherin der Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, bezeichnete das geplante Privileg als "kontraproduktiv". Die Spuren seien grundsätzlich dazu gedacht, den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) zu beschleunigen. Da aber auch Fahrräder und Taxen die Spuren nutzen dürften, sei die "Obergrenze" erreicht. Auch mögliche kostenlose Parkplätze für E-Autos sehe Berlin kritisch.

  • "Wir sind gegen eine Freigabe der Busspuren für private E-Fahrzeuge", sagte auch eine Sprecherin des Kreisverwaltungsreferats in München. Dies sei "problematisch", weil die Ampelanlagen nur auf den ÖPNV eingestellt seien. "Würden zusätzliche E-Fahrzeuge auf den Spuren unterwegs sein, würde der Ablauf gestört."

  • Auch Stuttgart ist komplett dagegen, Busspuren für E-Autos freizugeben. Dies könne den Betriebsablauf und die Pünktlichkeit beeinträchtigen und sei für die Stadt daher "kein Thema", sagte ein Sprecher. Kostenfreies Parken sei zum Beispiel eine sinnvollere Förderungsmöglichkeit. Die Stadt hat bereits einen Sonderparkausweis für Elektrofahrzeuge eingeführt.

  • In Bremen teilte das Umweltressort mit: "Eine Behinderung der Massenverkehrsmittel durch relativ wenige Elektroautos ist keine Maßnahme, die verkehrspolitisch gewünscht sein kann." Elektroautos schafften keine Verkehrsentlastung, dies aber müsse das Ziel einer nachhaltigen Verkehrspolitik sein. Statt einseitig Elektroautos zu fördern, solle der Bund einen stärkeren Schwerpunkt auf die Elektrifizierung des ÖPNV legen. Dies könne helfen, CO2 sowie Feinstaub und Stickoxide einzusparen.

  • In Nordrhein-Westfalen könnte der Busspuren-Vorstoß in Großstädten ebenfalls weitgehend ins Leere laufen. "Die Innenstadt ist für Busspuren einfach zu eng bebaut", sagte der Sprecher der Stadt Köln, Jürgen Müllenberg. Auch Essen hat kaum Busspuren, die Stadt habe aber noch keine abschließende Meinung, wie Sprecherin Nicole Mause sagte.

  • Die Stadt Frankfurt am Main hat noch keine abschließende Position gefunden. "Wir haben ohnehin nur sehr wenige Busspuren", sagte ein Sprecher des Verkehrsdezernats.

Der Deutsche Städtetag hatte der Idee bereits eine Absage erteilt. Eine Freigabe von Busspuren sei "keine geeignete Maßnahme", sagte der Hauptgeschäftsführer des Städtetages, Stephan Articus, vor Kurzem der "Neuen Osnabrücker Zeitung". 

Vorfahrt für dicke SUVs

Die geplante Freigabe von Busspuren sorgt auch wegen eines Details für Ärger: Denn wie aus dem Gesetzentwurf, der SPIEGEL ONLINE vorliegt, hervorgeht, sollen nicht nur emissionsfreie E-Autos Privilegien erhalten. Auch Plug-in-Hybride mit einer geringen elektrischen Reichweite von 30 Kilometern fielen demnach unter die staatliche Förderung.

Das hätte absurde Folgen: Fahrer von Modellen wie dem Porsche Panamera, ein Bolide mit 416 PS, würden in den Genuss der Privilegien kommen. "Die Batterie wird zur eingebauten Vorfahrt", kritisierte Otmar Lell vom Bundesverband der Verbraucherzentralen  in Berlin.

"Verlierer des E-Mobilitäts-Gesetzes wären sparsame Kleinwagen mit Benzin- oder Dieselantrieb", sagte Lell SPIEGEL ONLINE. Gerade bei Kleinwagen würde der Einbau einer Batterie zwangsläufig zu einem Anstieg des Verkaufspreises führen, der von den Verbrauchern nicht mehr mitgetragen wird. Käufern von ohnehin teuren Geländewagen oder Limousinen störe ein Preisaufschlag hingegen nicht. Während Porsche-, BMW- oder Mercedes-Besitzer in den Städten nahezu freie Fahrt genössen, ständen deutlich umweltfreundlichere Autos im Stau.

Die Bundesregierung verfolgt das Ziel von einer Million E-Autos auf deutschen Straßen bis 2020 - dazu zählt sie auch Hybridautos. Experten halten diese Zahl für utopisch, sollte der Preis für die Fahrzeuge mit alternativen Antrieben nicht deutlich sinken. Laut Kraftfahrtbundesamt (KBA) waren im Januar 2013 insgesamt 12.156 Autos mit Elektro- und 85.575 mit Hybridantrieb registriert.

cst/dpa