Wahlen in Großbritannien :
Jetzt sind auch noch die Anleger nervös

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Muss David Cameron gehen? Diese Frage macht jetzt auch die Anleger nervös.
Seit Wochen ist ein möglicher Regierungswechsel das große Thema in Großbritannien. Die Anleger in London fürchten vor dem Wahltag am 7. Mai nun Wechselkursschwankungen.

Fährt am Regierungssitz in der Londoner Downing Street demnächst der Möbelwagen vor? Seit Wochen beherrschen die bevorstehenden Parlamentswahlen und ein möglicher Regierungswechsel in Großbritannien die Schlagzeilen im Land. Jetzt beginnt der Wahltag am 7. Mai auch die Anleger in der City nervös zu machen. Denn der Ausgang des Urnengangs gilt als der unberechenbarste seit vielen Jahrzehnten und könnte handfeste wirtschaftliche Implikationen für Europas zweitgrößte Volkswirtschaft haben. Am Devisenmarkt, der als das sensibelste Stimmungsbarometer gilt, stellen sich die Akteure auf turbulente Wochen im britischen Finanzzentrum ein.

Die Kosten für kurzfristige Absicherungsgeschäfte gegen Wechselkursschwankungen des britischen Pfundes rund um den Wahltermin erreichten diese Woche den höchsten Stand seit vier Jahren. Die Anleger hätten ihre Lektion aus dem schottischen Unabhängigkeitsreferendum vom September vergangenen Jahres gelernt, glaubt Geoffrey Yu, Devisenmarktanalyst bei der UBS in London. Damals haben die Finanzmärkte das politische Risiko lange ignoriert. Als Wählerumfragen in den Wochen vor dem Volksentscheid auf eine mögliche Abspaltung Schottlands hindeuteten, begann dann aber das Pfund zu taumeln – auch wenn eine knappe Mehrheit letztlich gegen ein souveränes Schottland stimmte.

Bei den Parlamentswahlen nächsten Monat steht ebenfalls viel auf dem Spiel: Der konservative Regierungschef David Cameron hat im Fall seiner Wiederwahl einen Volksentscheid über den Austritt des Landes aus der Europäischen Union angekündigt. Der sogenannte „Brexit“ wäre ein wirtschaftliches Großrisiko, weil das Vereinigte Königreich dadurch womöglich den freien Zugang zum europäischen Binnenmarkt verlieren würde. Oppositionschef Ed Miliband von der Labour Party will dagegen keinen EU-Volksentscheid abhalten, falls er Premierminister wird. Andererseits befürchten viele britische Manager und Investoren, ein wirtschaftspolitischer Linksruck unter Labour könnte dem Land ebenfalls schaden – wenn auch nicht so sehr wie der „Brexit“.

Wenige Wochen vor den Wahlen ist das Rennen völlig offen: Wählerumfragen zufolge liegt Labour knapp vor den Konservativen, ist aber von weit einer absoluten Mehrheit entfernt. Eine möglicherweise labile und kurzlebige Koalitions- oder Minderheitsregierung ist damit wahrscheinlich. Auch eine Wiederholung der Wahl ist denkbar. Die Analysten von Blackrock, dem größten Vermögensverwalter der Welt, warnen die Anleger, die Wahlen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen: Eine rasche und reibungslose Regierungsbildung sei keineswegs sicher.

An den britischen Aktien- und Anleihemärkten gibt es jedoch bislang wenig Anzeichen für eine wachsende Nervosität. Der Londoner Aktien-Leitindex FTSE-100 ist seit Jahresanfang um rund 7 Prozent gestiegen. Der Kurs des Anleihemarkts wiederum werde derzeit stärker von der divergierenden Geldpolitik in London, Washington und Frankfurt als von den Wahlen bestimmt, sagen Analysten.